14. hofbauer kongress: the godson (william rotsler, usa 1971)

Veröffentlicht: Januar 8, 2015 in Film
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In den frühen Morgenstunden des vorletzten Kongresstages sorgte dieser vom Hofbauer-Kommando mit perfektem Timing zwischen die Beine der Teilnehmer geworfene Sleazeknüppel für hysterisches, vollkommen enthemmtes Gelächter, das die Reaktionen auf Frits Fronz‘ ROULETTE D’AMOUR beim 11. Hofbauer-Kongress dagegen wie das schüchterne Kichern verklemmter Klosterschülerinnen erscheinen ließ. Es war auch ein bisschen ein Lachen der Verzweiflung, denn William Rotslers Mafia-Sexfilm ist schon ein ziemlich niederträchtiges, freudlos heruntergekurbeltes Machwerk, das seine Asozialität so stolz vor sich herträgt wie ein Kriegsveteran Orden und Beinstumpf. Der Film um Marco Cortino (Jason Yukon), den aufstrebenden Patensohn eines Mafiabosses schrammt haarscharf an der Pornografie vorbei, entlehnt diesem Genre die einer sprichwörtlichen Nummernrevue gleichende Dramaturgie, die eine Sex- und Nacktszene an die nächste reiht, ohne sich jedoch an Großaufnahmen erigierter und abspritzender Penisse und feuchter Muschis zu ergehen. Das einzige, was diesen Flow immer wieder mal unterbricht, sind Dialoge, die das wacklige, durchgerostete Gerüst einer Handlung aufstellen, und natürlich ruppige Gewaltausbrüche. Das hört sich für manche Ohren bestimmt paradiesisch an, und irgendwie hat THE GODSON in seiner rotstichigen Räudigkeit auch was, aber in erster Linie ist es die Abwesenheit aller Schönheit und Form, der Rotsler hier ein dräuendes Denkmal errichtet. Zynismus und Spekulativität, zwei Eckpfeiler des Exploitation-Filmmakings, sickern hier wahrhaftig aus jeder Ritze und Rotsler gibt sich keine große Mühe, das zu verbergen. Und weil THE GODSON auch noch im Rotlicht-Milieu spielt, wird die ganze Chose für Feingeister besonders unerquicklich. Bis zu jener legendären Sequenz jedenfalls, die das Nürnberger Kommkino in seinen Grundfesten erschütterte.

In jener Szene begibt sich Marco, der Gottsohn, mit einer seiner Nutten in ein Bett, um sie an seiner Manneskraft und seinen Liebeskünsten teilhaben zu lassen, beginnt sein Spiel langsam und genussvoll. Rotsler hält die Kamera drauf, ohne wesentliche Geschlechtsmerkmale einzufangen oder auch nur mal den Blickwinkel bzw. die Einstellung zu wechseln. Marco und seine Gespielin haben offensichtlich keine Eile und Rotsler auch nicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit spannungsarmen Gerödels mit zaghaften Variationen endlich der Schnitt: Ein Establishing Shot eines nächtlichen Straßenzuges läutet den Schauplatzwechsel ein, das Mafiadrama geht weiter. Pustekuchen. Wieder zurück zu den beiden Vöglern, die sich mal zu einem Stellungswechsel hinreißen lassen, und weiter im Text. Die beiden sind mittlerweile ein bisschen verschwitzt, aber ein Ende ist immer noch nicht in Sicht, Marco lässt beachtliche Steherqualitäten erahnen, seine Perle kann offensichtlich ordentlich was einstecken. Wieder vergehen endlose Minuten, bevor ein erneuter Establishing Shot die nun endgültige Erlösung andeutet. Ätsch, wieder nix, das Gevögel geht weiter. Während die Kongress-Teilnehmer allmählich ähnlich verschwitzt und zerrupft aussahen wie Marco und seine Olle, das ohrenbetäubende Gebrüll von Kongress-Godfather Christoph einen bevorstehenden Herzanfall befürchten ließ, schaukelten sich die Liebenden auf der Leinwand gaaaanz laaangsam dem Höhepunkt entgegen, die Kraft wich langsam aus ihren Körpern, aber man weiß ja wie das ist mit dem Marathonläufer, der auf der Zielgeraden die letzten Kräfte mobilisiert. Wieder das bekannte Straßenbild … und wieder kein Ende in Sicht. Ich weiß nicht, wie lang die Szene nun wirklich ging, weil das Zeitgefühl  in der Nürnberger Nacht durch Rotslers Verweigerungstechniken mittlerweile längst erodiert war, aber es würde mich nicht wundern, wenn der Schmiermeister gut und gern 20 Minuten Film mit dem Trockengerödel vollgemacht hätte. In der rückblickenden Erinnerung verschwindet alles um diese Sequenz herum, auch wenn ich mich noch an eine weitere Sexszene in Marcos Puff entsinne, die durch eine besonders hervorstechende Grunz-Stöhn-Keuch-und Brummelsynchro veredelt wurde. Ich würde THE GODSON eigentlich gern nochmal sehen, um mir ein weniger getrübtes Bild machen zu können (zwischendurch erwischte mich auch einmal der Sekundenschlaf), aber dieses Sichtungserlebnis kann unmöglich getoppt werden. Das war weniger Kinoerlebnis als transzendentaler Trip.

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